GOSAM
Die geschlechtsspezifische berufliche Segregation ist ein bekanntes Phänomen auf dem Arbeitsmarkt. Wir untersuchen, ob Arbeitgeber zu dieser Segregation beitragen, indem sie Lehrstellenbewerber ablehnen, deren Geschlecht von dem des typisch
Steckbrief
- Lead-Departement Wirtschaft
- Institut(e) Institut New Work (INW)
- Forschungseinheit(en) Diversity, Equity & Inclusion
- Förderorganisation SNF
- Laufzeit 01.03.2018 - 28.02.2019
- Projektverantwortung Prof. Dr. Ana Fernandes
- Projektleitung Prof. Dr. Ana Fernandes
-
Projektmitarbeitende
Aron Bäriswyl
Prof. Dr. Ana Fernandes
André Scholl -
Partner
Schweizerischer Nationalfonds SNF
Uni Freiburg - Schlüsselwörter Arbeitsmarktdiskriminierung, Geschlecht, Ausbildungsmarkt
Ausgangslage
Wir wollen herausfinden, ob Arbeitgeber Lehrstellen häufiger an Lehrstellenkandidat*innen vergeben, deren Geschlecht mit dem vorherrschenden Geschlecht im entsprechenden Beruf übereinstimmt oder nicht.
Vorgehen
Wir werden einen Korrespondenztest des Schweizer Lehrstellenmarktes durchführen. Mit den gesammelten Daten werden wir untersuchen, ob Mädchen häufiger zu Berufen eingeladen werden, die normalerweise von Frauen ausgeführt werden, und umgekehrt, ob Jungen häufiger zu Berufen eingeladen werden, die normalerweise von Männern ausgeführt werden.
Ergebnisse
Wir untersuchten den Effekt von Geschlecht und elterlichem Beruf auf die Wahrscheinlichkeit, zu einem Vorstellungsgespräch für eine Lehrstelle eingeladen zu werden, mit der empirischen Methode des Korrespondenztests. Wir verschickten etwa 3000 fiktive Lehrstellenbewerbungen in der Schweiz und fanden keinen statistisch signifikanten Effekt von Geschlecht und elterlichem Hintergrund. Die einzige Ausnahme war, wenn die Bewerberin angab, einen Universitätsprofessor als Vater zu haben, was die Rückrufe für Mädchen in statistisch signifikanter Weise erhöhte, auch unter Berücksichtigung von multiplen Hypothesentests, aber nicht für Jungen. Obwohl die väterliche Professur ein empirisch seltener Fall ist, weist dieser Befund auf die Möglichkeit von Signaleffekten des elterlichen Berufs bei weiblichen Bewerbungen hin. Dies legt nahe, dass Bewerbungen idealerweise blind sein und keine sozioökonomischen Informationen preisgeben sollten, um die Fairness zu maximieren. Unsere Ergebnisse stellen eher positive Nachrichten für den Schweizer Lehrstellenmarkt dar. Unternehmen scheinen nicht zu einem frühen Beginn der geschlechtsspezifischen beruflichen Segregation beizutragen - zumindest nicht in einem Ausmaß, das wir statistisch nachweisen können -, da sie überwiegend geschlechtsblinde Rekrutierung betreiben. Daher scheint die geschlechtsspezifische berufliche Segregation auf der Ebene der Lehrlingsausbildung auf angebotsseitige Effekte zurückzuführen zu sein.
Ausblick
Unsere empirischen Ergebnisse legen nahe, dass Schweizer Unternehmen Lehrlinge geschlechtsblind einstellen. Allerdings treffen Mädchen und Jungen ihre Berufswahl mit Blick auf die Zukunft, auf den Arbeitsmarkt der Erwachsenen, und stellen sich vor, wer sie einmal sein werden. Politische Maßnahmen, die das Spielfeld für Erwachsene nivellieren und dort die geschlechtsspezifische berufliche Segregation abmildern, werden sich auch auf die Lehrlingsentscheidungen von Jugendlichen auswirken, die in den Arbeitsmarkt eintreten. Unsere Ergebnisse bekräftigen daher die Notwendigkeit, die Ungleichheit der Arbeitsmarktergebnisse nach Geschlecht im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Entscheidungen jüngerer Menschen anzugehen.