Nachhaltige öffentliche Beschaffung in der Schweiz: Gesetzesrevision
Wie die ökologische und soziale öffentliche Beschaffung den Wandel der Nachhaltigkeit im öffentlichen und privaten Sektor beeinflusst:
Die Rolle der Revision des öffentlichen Beschaffungsrechts in der Schweiz.
Steckbrief
- Lead-Departement Wirtschaft
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Institut(e)
Institut Public Sector Transformation (IPST)
Institut Sustainable Business (ISB) - Forschungseinheit(en) Public Procurement
- Förderorganisation SNF
- Laufzeit (geplant) 01.04.2024 - 31.03.2028
- Projektverantwortung Prof. Dr. Matthias Stürmer
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Projektleitung
Prof. Dr. Rika Koch
Prof. Dr. Tobias Stucki
Gerold Schneider -
Projektmitarbeitende
Judith Binder
Tilia Ellendorff
Prof. Dr. Rahel Meili
Veton Matoshi
Sarah Hostettler
Luca Sven Rolshoven
Marc Daniel Steiner -
Partner
Stadt Zürich
Schweizerische Bundesbahnen
Kanton Bern - Schlüsselwörter Öffentliche Beschaffung, Nachhaltigkeit, Revision des öffentlichen Beschaffungsrechts in der Schweiz, Kriterien der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung, sinergia, Natural Language Processing (NLP), Ökologische Nachhaltigkeit von Unternehmen, Messbarkeit von Nachhaltigkeit für die Wirtschaft und Zivilgesellschaft, Sinergia
Ausgangslage
Das öffentliche Beschaffungswesen wird eine zentrale Rolle bei der Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft spielen. Dies liegt zum einen an dem großen Volumen der öffentlichen Beschaffung und zum anderen an der Vorbildfunktion des öffentlichen Sektors. Dementsprechend ist es von entscheidender Bedeutung, ein tieferes Verständnis der Mechanismen zu erlangen, die einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung zugrunde liegen. Seit 2021 ist im neuen Schweizer Beschaffungsgesetz die Nachhaltigkeit als Ziel der öffentlichen Beschaffung verankert. Doch wie setzen die öffentlichen Auftraggeber dieses Ziel um? Nehmen sie Kriterien der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung in ihre Ausschreibungsunterlagen auf? Und wenn ja, welches Gewicht messen sie den Nachhaltigkeitskriterien im Vergleich zum "Preis" zu? Und wie reagiert die Privatwirtschaft auf das neue Vergaberecht? Bestärken die Unternehmen ihr nachhaltiges Verhalten, wenn sie öffentliche Ausschreibungen gewinnen?
Vorgehen
Dieses vierjährige interdisziplinäre Forschungsprojekt ist in drei Teilstudien gegliedert, die direkt aufeinander aufbauen. In der Studie 1 werden wir die Identifikation von Kriterien der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung in Ausschreibungsdokumenten mit Hilfe von Natural Language Processing (NLP)-Methoden operationalisieren. Durch die Extraktion relevanter Informationen zu vergabe- und bieterbezogenen Kriterien sowie anderer Daten aus Ausschreibungsdokumenten werden neue Einblicke in den riesigen Korpus unstrukturierter Textdaten gewonnen. Studie 2 verwendet die in Studie 1 extrahierten Daten und wertet sie aus, um ihre Auswirkungen auf den öffentlichen Sektor, d.h. auf die Umsetzungspraktiken der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung der öffentlichen Auftraggeber in verschiedenen Regionen und Sektoren der Schweiz, zu beurteilen. Studie 3 untersucht die Auswirkungen des öffentlichen Beschaffungswesens auf den privaten Sektor und wie die Beschaffungsreform diese Auswirkungen beeinflusst. Im Vergleich zu Studie 2, die sich auf die Auswirkungen auf die Ausschreibungsunterlagen - die Nachfrageseite des öffentlichen Beschaffungsmarktes - konzentriert, liegt der Schwerpunkt hier auf den Auswirkungen der Reform auf die Nachhaltigkeit der Unternehmen - die Angebotsseite des öffentlichen Beschaffungsmarktes. Im Allgemeinen wird erwartet, dass der öffentliche Sektor eine zentrale Rolle bei der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit spielt.
Ergebnisse
Als Grundlage für diese Studien werden wir einen Datensatz aufbauen, der wahrscheinlich weltweit einzigartig ist. Die verfügbaren Beschaffungsdaten umfassen Ausschreibungsdokumente von 2018 bis 2023 mit mehr als 39'000 Ausschreibungen (1,05 Millionen Dateien, 3,87 Terabyte Daten), rund 8'000 zusätzliche Ausschreibungsverfahren werden jedes Jahr von unserer Crawling-Plattform IntelliProcure hinzugefügt. Die Nutzung dieser Daten ermöglicht es uns, eine Prä-Post-Analyse der neuen Gesetzgebung durchzuführen: Einerseits werden wir die Beschaffungskriterien in rund 24'000 Ausschreibungsunterlagen vor der Gesetzesrevision im Jahr 2021 auswerten. Andererseits können wir diejenigen Ausschreibungsdokumente analysieren, die seit 2021 veröffentlicht wurden, sowie die zusätzlichen rund 50'000 Ausschreibungsdokumente, die voraussichtlich während des Forschungsprojekts (2024-2028) hinzukommen werden. Zusätzlich zu diesem umfangreichen Datensatz über das öffentliche Beschaffungswesen werden wir einzigartige Informationen über die ökologische Nachhaltigkeit von Unternehmen abgleichen, die es uns ermöglichen werden, die Auswirkungen des öffentlichen Beschaffungswesens und des neuen Gesetzes mit SPP auf den privaten Sektor zu bewerten. Anhand von Wirtschaftsdaten über mehr als 2000 Unternehmen werden wir in der Lage sein, die Beschaffung mit mehr als 30 Messgrößen für die ökologische Nachhaltigkeit von Unternehmen zu verknüpfen.
Ausblick
Neben dem wissenschaftlichen Fortschritt ist es ein wichtiges Ziel dieses Forschungsprojekts, auch in der Praxis Wirkung zu erzielen. Daher wollen wir nachhaltige öffentliche Beschaffung fördern, die Messbarkeit von Nachhaltigkeit für die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft verbessern und schließlich die Zahl der Unternehmen erhöhen, die Dienstleistungen und Produkte anbieten, die ökologischen Grundsätzen folgen. Das praktische Ziel dieses Forschungsprojekts besteht also darin, die Nachhaltigkeit im öffentlichen und privaten Sektor zu erhöhen, indem die öffentliche Beschaffung nachhaltiger gestaltet wird.