- Forschungsprojekt
Schweizer KMU und StartUps in der Corona-Krise
Eine Verlaufsstudie von Prof. Dr. Sebastian Gurtner und Dr. Nadine Hietschold untersucht die Auswirkungen der Corona-Krise auf Schweizer KMU und StartUps. In einer ersten Befragung im März und April 2020 von 427 Unternehmen gaben 99 Prozent an, von der Corona-Krise betroffen zu sein, 11 Prozent sogar in einem existenzbedrohenden Ausmass. Im Fokus der zweiten Befragung (März und April 2021) stand das Innovationsverhalten im Jahr 2020. Das Ergebnis: Die Innovationstätigkeit der Unternehmen ist bis zu 90 Prozent eingebrochen.
Steckbrief
- Lead-Departement(e) Wirtschaft
- Institut(e) Institut Innovation & Strategic Entrepreneurship
- Forschungseinheit(en) Strategisches Unternehmertum
- Laufzeit (geplant) 16.03.2020 - 30.06.2021
- Projektverantwortung Prof. Dr. Sebastian Gurtner
- Projektleitung Prof. Dr. Sebastian Gurtner
- Projektmitarbeitende Dr. Nadine Hietschold
- Schlüsselwörter Innovation & Strategic Entrepreneurship, Covid19, KMU, StartUp, Corona
Ausgangslage
Der Sars-Cov-2-Virus hat unsere Gesellschaft in einen Schockzustand versetzt, wie es zuvor im nur Kriege geschafft haben. Um zu verstehen, in welchem Ausmass und in welchen Bereichen die Schweitzer Wirtschaft von der Krise betroffen ist, führt das Institut Innovation & Strategic Entrepreneurship der Berner Fachhochschule eine longitudinale Studie mit einem Fokus auf Start-Ups und KMU durch. In einer initialen Umfrage im März und April 2020 beteiligten sich 427 Schweizer Start-Ups und KMU und äusserten sich zu ihrer Betroffenheit, Best Practices in Zeiten der Krise sowie angestrebten Geschäftsmodellveränderungen. Die zweite Befragung im März und April 2021 fokussierte sich auf das Innovationsverhalten im vergangenen Jahr.
Ziele
Die Studie soll aufzeigen, wie Schweizer KMU und StartUps ihre allgemeine Betroffenheit von der Corona-Krise über einen längeren Zeitraum einschätzen. Zudem sollen konkrete Bereiche der Betroffenheit sowie Best Practices und Geschäftsmodelländerungen der Schweizer Unternehmen sichtbar gemacht werden.
Vorgehen
Die Studie verfügt über ein longitudinales Design. In einer ersten Befragung im März und April 2020 beantworteten 427 Schweizer KMU und StartUps die Fragen der Forschenden. 25% der Teilnehmenden waren weiblich bei einem Altersdurchschnitt von 49 Jahren und durchschnittlich 22 Jahren Arbeitserfahrung in der Branche. Zu den häufigsten Branchen, in welcher die teilnehmenden KMU mit durchschnittlich 135 Mitarbeitenden tätig waren, zählten das Baugewerbe (27.9%), IT-Dienste (8.2%) und sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen (10.3%).
Die zweite Befragung wurde im März und April 2021 durchgeführt, 254 Schweizer KMU und StartUps haben daran teilgenommen. Die Unternehmen beschäftigen durchschnittlich 318 Mitarbeiter*innen und waren zu 72% in der Dientstleistungsbranche tätig.
Erkenntnisse erste Befragung (Frühling 2020)
Die erste Befragung zeigt, dass Unternehmen weniger stark von der Corona-Krise betroffen waren, die:
- ein breit aufgestelltes Lieferantennetzwerk haben bzw. mehr Rohstoffe eingelagert hatten,
- intensive Kundenpflege betreiben, unterschiedliche Kundengruppen bedienen und Kund*innen auf verschiedenen Kanälen erreichen,
- eine gut ausgebaute digitale Kommunikationsinfrastruktur besitzen und eine entsprechende Unternehmenskultur pflegen,
- digitale Arbeitsmodelle wie Homeoffice für ihre Angestellten anbieten oder rasch zur Verfügung stellen konnten,
- verschiedene Einnahmequellen haben, unabhängig von fremden Kapitalgebern sind bzw. ihre Finanzierung langfristig geregelt haben,
- und zu kreativen Lösungen und kurzfristigen Veränderungen bereit sind.
Als Resultat der Krise wollen etwa 36 Prozent der befragten Unternehmen ihr Geschäftsmodell ändern. Von den befragten Gründer*innen hätten jedoch 87 Prozent auch gegründet, wenn sie mit der Corona-Krise gerechnet hätten.
Bei den befragten Unternehmen waren praktisch alle primären Aktivitäten wie Logistik, Fertigung, Marketing und Vertrieb, Infrastruktur, Human Resources sowie Technologieentwicklung und Beschaffung von der Corona-Krise betroffen. Am stärksten gelitten hat der Bereich Beschaffung und Fertigung. Besonders schwer hatten es Unternehmen, deren Lieferanten Rohstoffe und Materialien aus dem Ausland nicht mehr liefern konnten und bei denen Arbeitskräfte in der Produktion fehlen, entweder weil sie zu einer Risikogruppe gehören oder weil Hygienevorschriften einen Einsatz verhinderten.
Erkenntnisse zweite Befragung (Frühling 2021)
Auch ein Jahr nach Ausbruch ist die Corona-Krise für Schweizer KMU allgegenwärtig. Knapp die Hälfte der befragten KMU erlitten im Jahr 2020 einen Umsatzrückgang, als Folge kam es in 18% der Unternehmen zur Entlassung von Mitarbeiter*innen.
Die Corona-Krise löste bei den befragten Unternehmen zwar Innovationsbestrebungen aus, diese adressierten sich in erster Linie an die veränderten Kundenbedürfnisse. Der Aspekt der Nachhaltigkeit spielt eine untergeordnete Rolle. Mögliche Erklärungsansätze hierfür sind:
- Fehlende Ressourcen: in der Corona-Krise fehlen sowohl Geld als auch Zeit, um nachhaltige Innovationen voranzutreiben
- Kurzfristiger Planungshorizont: Eine langfristige Planung war kaum möglich; die Rahmenbedingungen änderten sich oft kurzfristig und auch die Kundenbedürfnisse veränderten sich
- Geringe Relevanz: Ein Grossteil der befragten Unternehmen war im Jahr 2020 mit der Aufrechterhaltung des operativen Geschäfts unter den neuen Bedingungen ausgelastet. Nachhaltige Innovationen, die keinen direkten Einfluss auf die Geschäftstätigkeit haben, rückten damit in den Hintergrund.