- Medienmitteilung
Geflüchtete in der Sozialhilfe sind häufig erwerbstätig
20.10.2023 Wer einen Fluchthintergrund hat und auf Sozialhilfe angewiesen ist, ist im Durchschnitt häufiger erwerbstätig als andere Sozialhilfebeziehende. Dies zeigt der Bericht «Sozialhilfe in Schweizer Städten 2022» der Berner Fachhochschule und der Städteinitiative Sozialpolitik. Insgesamt ging der Sozialhilfebezug 2022 leicht zurück.
In allen grösseren Städten leben anteilmässig mehr Geflüchtete (Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene) als im Durchschnitt des jeweiligen Kantons. Der Anteil ist insbesondere in mittelgrossen Städten bis doppelt so hoch als im Kantonsdurchschnitt. Dies ist auch in Kantonen zu beobachten, in denen ein anfänglicher Verteilschlüssel auf die Gemeinden im Asylsystem gilt. Die Städte sind demnach Hauptakteure für eine gelingende Integration. Die städtischen Fachleute weisen darauf hin, dass Integrationsmassnahmen rasch erfolgen und auf die individuelle Situation abgestimmt sein müssen.
Nicolas Galladé, Präsident der Städteinitiative Sozialpolitik und Stadtrat von Winterthur, betont die Bedeutung der Integrationsagenda Schweiz (für Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene) und des Programms S (für ukrainische Schutzsuchende). «Das sind entscheidende Programme für die Integration. Für die Städte ist es zentral, dass auch das Programm S weitergeführt wird, um den Ukrainerinnen und Ukrainern in der Schweiz eine Perspektive bieten zu können.» Er moniert ausserdem die Rechtsungleichheit im Flüchtlingsbereich: «Die finanzielle Unterstützung von Geflüchteten mit Bleiberecht müsste dem sozialen Existenzminimum entsprechen – unabhängig vom Wohnort und Status.» Das sei heute nicht der Fall.
Erwerbstätigkeit ist zentral für die Integration
Erwerbstätigkeit ist ein zentraler Schritt zur Integration und wirtschaftlichen Selbständigkeit. Die aktuellen Daten zeigen, dass Geflüchtete, die schon länger in einer Schweizer Stadt leben, häufiger erwerbstätig sind als Sozialhilfebeziehende ohne Fluchthintergrund. Sie sind oft Working Poor. 36 Prozent der erwachsenen Geflüchteten, die Sozialhilfe beziehen, sind erwerbstätig. Geflüchtete haben oft einen geringen Bildungsstand und der Anteil an alleinerziehenden Frauen ist hoch. Bei den übrigen Sozialhilfebeziehenden sind 23 Prozent erwerbstätig Für Émilie Moeschler, Vizepräsidentin der Städteinitiative Sozialpolitik und Stadträtin von Lausanne, zeigt der Bericht, dass «sowohl Sprachkurse, der Zugang zur Berufsbildung, die Anerkennung von Abschlüssen, aber auch die Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unerlässliche Massnahmen sind, damit Geflüchtete eine Arbeit finden, die ein menschenwürdiges Leben ermöglicht.»
Trend zu tieferen Sozialhilfequoten
In 10 von 14 Städten sind 2022 die Sozialhilfequoten gesunken oder gleichgeblieben, teils zum wiederholten Male. Deutlich verringert hat sich auch die durchschnittliche Zahl der neuen Fälle: Sie sank um 11.1 Prozent im Vergleich zu den drei Vorjahren. Das Total der Sozialhilfefälle in den Städten hat ebenfalls abgenommen, um durchschnittlich 2.6 Prozent. Dazu hat unter anderem die gute Arbeitsmarktlage beigetragen.
Die Kennzahlen zur Sozialhilfe in Kürze
14 Städte:
Im aktuellen Bericht «Sozialhilfe in Schweizer Städten – Kennzahlen 2022 im Vergleich», sind 14 Städte vertreten: Basel, Bern, Biel, Chur, Lausanne, Luzern, St. Gallen, Schaffhausen, Schlieren, Uster, Wädenswil, Winterthur, Zug und Zürich. In den 14 Städten des Kennzahlenberichts lebt rund ein Viertel aller Sozialhilfebeziehenden der Schweiz. Der Bericht basiert auf Auswertungen der schweizerischen Sozialhilfestatistik des Bundesamtes für Statistik (BFS).
Rückgang der Sozialhilfefälle:
Die Zahl der Sozialhilfefälle im Durchschnitt der Städte ist gegenüber dem Vorjahr um 2.6 Prozent gesunken. Dazu hat unter anderem die gute Arbeitsmarktlage beigetragen.
Trend zu tieferen Sozialhilfequoten:
In 10 von 14 Städten sind die Sozialhilfequoten gesunken oder gleichgeblieben, teils zum wiederholten Male. Nur in vier Städten sind die Sozialhilfequoten gestiegen. Die Sozialhilfequote misst das Verhältnis zwischen der Anzahl Sozialhilfebeziehenden und der Gesamtbevölkerung.
Deutlich weniger neue Fälle:
In der Mehrheit der Städte hat sich die Zahl der Neuaufnahmen deutlich verringert. Im Durchschnitt betrug die Reduktion 11.1 Prozent gegenüber dem Durchschnitt der drei Vorjahre.
Die Städte leisten überdurchschnittlich viel für die Integration von Geflüchteten.
In allen grösseren Städten leben anteilmässig mehr Geflüchtete als im Durchschnitt des jeweiligen Kantons. Die Sozialhilfe übernimmt zunehmend Integrationsaufgaben im Flüchtlingsbereich.
Geflüchtete sind häufiger erwerbstätig als andere Sozialhilfebeziehende.
36 Prozent der erwachsenen Geflüchteten, die Sozialhilfe beziehen, sind erwerbstätig. Bei den übrigen Sozialhilfebeziehenden sind es 23 Prozent.
Die Städteinitiative Sozialpolitik ist eine Sektion des schweizerischen Städteverbands und vertritt die sozialpolitischen Interessen von rund 60 Schweizer Städten aus allen Regionen. Sie setzt sich für ein kohärentes System der sozialen Sicherung und eine gute Zusammenarbeit von Städten, Bund und Kantonen ein.
«Sozialhilfe in Schweizer Städten» ist ein Vergleich von Kennzahlen der Sozialhilfe aus 14 Städten, basierend auf der Schweizerischen Sozialhilfestatistik. Der Bericht wird seit 1999 jährlich von der Städteinitiative Sozialpolitik herausgegeben. Ziele sind das Erkennen von Trends und best practice in den Städten sowie die Versachlichung der öffentlichen Diskussion über die Sozialhilfe.
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Bericht + Unterlagen der Medienkonferenz
Rubrik: Forschung