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FEAST: Nachhaltige Ernährungsumgebung durch Labels und Anreize
24.09.2024 Ein BFH-Projekt erforscht, wie die Ernährung in der Schweiz durch Front-of-Pack-Labels und finanzielle Anreize gesünder und nachhaltiger gestaltet werden kann. Das Team erklärt im Interview, wie interdisziplinäre Zusammenarbeit und evidenzbasierte Forschung gesundheitliche Ungleichheiten verringern und den Dialog zwischen Politik, Wissenschaft und Industrie fördern sollen.
Das Wichtigste in Kürze
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Das BFH-Forschungsprojekt FEAST steht für Food Environment and System Transformation und hat zum Ziel, gesundheitliche und ökologische Herausforderungen in Ernährungssystemen anzugehen.
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Im Interview erklärt das Forschungsteam, wie es durch interdisziplinären Dialog, politische Massnahmen und Konsument*innenbildung die Ernährungslandschaft in der Schweiz nachhaltig verändern will.
Welches Problem soll mit FEAST angegangen werden?
FEAST steht für Food Environment and System Transformation und soll dazu beitragen, Probleme im Ernährungssystem in Bezug auf die Gesundheit und ökologische Nachhaltigkeit zu lösen. In den nächsten zwei Jahren konzentrieren wir uns auf die Entwicklung von Instrumenten zur Förderung gesünderer Ernährungsgewohnheiten, insbesondere durch die Einführung von Front-of-Pack-Labels (FOP-Labels) und finanziellen Anreizen.
Ungesunde Ernährung ist ein wichtiger Risikofaktor für nichtübertragbare Krankheiten und trägt zu etwa 22 Prozent der Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Europa bei. Ernährungsumstellungen können das Risiko zwar erheblich senken, doch scheitern viele Massnahmen langfristig daran, dass das Umfeld nicht förderlich ist und gefährdete Bevölkerungsgruppen schwer zu erreichen sind. Langfristig wollen wir unsere Erkenntnisse auch auf die Analyse von Umweltzeichen ausdehnen.
Was ist das konkrete Ziel?
Wir wollen eine Plattform schaffen, die den interdisziplinären Dialog und die Forschung zu Ernährungssystemen, Gesundheit und anderen Nachhaltigkeitsfaktoren fördert. Unser Ziel ist es, einen interdisziplinären Dialog zu führen über die Verbesserung der Ernährungsumgebung in der Schweiz unter verschiedenen Perspektiven wie Politik, Marktdynamik, Bildung und Verhaltensänderung.
Welchen konkreten Nutzen bringt das Projekt der Gesellschaft?
Das Projekt FEAST befasst sich mit dem komplexen Zusammenspiel von Interessen der öffentlichen Gesundheit, Industrie und Handel bei der Förderung und dem Konsum von Lebensmitteln. Aufgrund der Herausforderungen, die sich aus gesundheitlichen und sozialen Ungleichheiten, aber auch aus dem verfassungsmässigen Prinzip der Wirtschaftsfreiheit ergeben, verfolgen wir einen interdisziplinären Ansatz. Wir wollen das Wohlbefinden der Bevölkerung verbessern, zur Senkung der Gesundheitskosten beitragen und nachhaltige Praktiken in der Industrie fördern, indem wir Evidenz für systemische Veränderungen schaffen. Schliesslich zielt das Projekt auch darauf ab, den Schutz der Konsument*innen durch Webinare, Workshops, Seminare und andere Ressourcen wie soziale Medien zur Verbreitung von Informationen zu fördern.
Wie geht ihr dabei vor?
Unser Projekt konzentriert sich auf drei Schlüsselbereiche. Als erstes bringen wir Konsument*innen, die Privatwirtschaft, Forschung und Politik an Veranstaltungen zusammen, um potenzielle Strategien und Auswirkungen der Front-of-Pack-Kennzeichnung und finanzielle Anreize zur Förderung einer gesünderen Ernährung zu diskutieren. Dies wird uns helfen, Forschungslücken zu identifizieren und umsetzbare Lösungen zu entwickeln. Zweitens sensibilisieren wir die Öffentlichkeit durch Informationsmaterial, das auf Forschungsergebnissen und dem Feedback von Interessensgruppen basiert und eine fundierte Entscheidungsfindung ermöglicht. Drittens erforschen wir die Bedürfnisse und Präferenzen der Schweizer Konsument*innen und untersuchen, wie sich diese Labels und Anreize auf das Verhalten, die Gesundheitsergebnisse und die Gesundheitskosten auswirken. Dabei berücksichtigen wir auch die rechtlichen Rahmenbedingungen.
Was sind die aktuellen Herausforderungen?
Evidenzbasierte Politikmassnahmen und Strategien sind ausschlaggebend für gesundheitsfördernde Ernährungsumgebungen. Eine der grössten Herausforderungen besteht jedoch darin, die für die Evidenz erforderlichen Daten zu beschaffen. Denn dies geht nicht ohne Kooperationen sowohl mit der Industrie als auch mit den Verbraucher*innen, die ihre Daten nicht immer teilen können. Ohne verlässliche Daten ist es schwierig, politische Massnahmen zu bewerten und einen faktenbasierten Dialog zu führen. Eine weitere Herausforderung ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit, die ein hohes Mass an Kommunikation erfordert. Es kann schwierig sein, die «Sprache» der anderen und die für jeden Bereich typischen Ansätze zu verstehen. Es ist aber auch sehr inspirierend, von anderen Disziplinen zu lernen und neue Perspektiven zu gewinnen.
Was sind die nächsten Schritte im Projekt?
Zurzeit führen wir mehrere Webinare durch, um den Dialog mit Expert*innen aus Gesundheits- und Ernährungswissenschaften zu fördern. Danach ist eine Reihe von Veranstaltungen geplant, darunter ein Workshop in Lausanne mit Unisanté, der sich um das Thema «finanzielle Anreize» im Gesundheitswesen dreht.
Der Dialog mit den Stakeholdern ist wichtig, um alle relevanten Perspektiven zu berücksichtigen. Daher wird das Projekt im nächsten Jahr in einer interdisziplinären Veranstaltung gipfeln, bei der wir Akteur*innen aus Gesundheitswissenschaft, Politik und Konsument*innenschutz zusammenbringen werden.
Parallel dazu treiben wir Forschungsprojekte voran, um Erkenntnisse für diese wichtigen Diskussionen zu gewinnen. Schliesslich planen wir die nächsten Projektphasen, die die Ausarbeitung von Vorschlägen und die Skizzierung eines grösseren Projekts umfassen werden.