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«Meine Sensibilität für Aggression und Gewalt hat sich deutlich verändert»
03.06.2024 Gaby Gürber ist Leiterin Pflege auf den Intensivstationen der Spitäler Luzern und Sursee. Um aggressivem und gewalttätigem Verhalten im Arbeitsalltag kompetent begegnen zu können, hat sie den Fachkurs Leadership bei Aggression und Gewalt besucht. Ihr Ziel ist es, ihr Team zu unterstützen und aufzuzeigen, dass das Vorkommen von Aggression und Gewalt nicht hingenommen werden muss.
Das Wichtigste in Kürze
- Führungspersonen im Gesundheitswesen lernen im Fachkurs, wie sie positive Führung im Umgang mit Aggression und Gewalt umsetzen können.
- Gaby Gürber, Leiterin Pflege auf den Intensivstationen der Spitäler Luzern und Sursee, hat den Fachkurs besucht.
- Sie berichtet, wie wichtig es gerade für Führungspersonen ist, angemessen auf Gewalt und Aggression zu reagieren.
«Der Umgang mit Aggression und Gewalt wird in unserem Arbeitsumfeld nach wie vor vernachlässigt», sagt Gaby Gürber, Leiterin Pflege der Intensivstationen in Luzern und Sursee. Wenn das Team mit einer Situation überfordert ist, werde dies meist an sie herangetragen, leider oft sehr spät. «Es kommt vor, dass es auf den Stationen zu Konflikten kommt, zum Beispiel wenn ein deliranter Patient das Pflegepersonal angreift», erzählt sie. Aggressives Verhalten erlebt ihr Personal auch von Angehörigen, die mit hohen Erwartungen an sie herantreten. «Sie erwarten in der Überforderung der Situation, dass Therapien umgesetzt werden, die medizinisch unmöglich sind. Auch ein unterschiedliches Verständnis von Lebensqualität und den Möglichkeiten und Grenzen der Medizin kann zu Konflikten führen», berichtet Gaby Gürber. Um diesen Situationen zu begegnen und dem aggressiven Verhalten vorbeugen zu können, hat sie sich entschlossen, den Fachkurs Leadership bei Aggression und Gewalt zu besuchen.
Eine sicheres Arbeitsumfeld schaffen und Belastungen reduzieren
«Oft höre ich von Pflegefachpersonen Sätze wie: ‹Das gehört eben dazu, ich muss aushalten, wenn jemand aggressiv ist›», erzählt Gaby Gürber. «Dem möchte ich etwas entgegensetzen. Mein Team soll erkennen, dass es nicht selbstverständlich ist, sondern eine Belastung für alle darstellt, die direkt mit den Patient*innen arbeiten.» In den Luzerner Kantonsspitälern (LUKS) wird zur Zeit ein Bedrohungsmanagement entwickelt. «Mit der Weiterbildung kann ich nun die praktische Umsetzung besser unterstützen», erklärt Gaby Gürber. Der Fachkurs vermittelt Führungspersonen aus dem Gesundheitswesen, wie sie positives Leadership im Umgang mit Aggression und Gewalt anwenden, Aggressionsrisiken analysieren und sichere Arbeitsumgebungen schaffen können. Gaby Gürber profitierte unter anderem von den Dozierenden aus der Praxis und den vielen Praxisbeispielen. «Der Unterricht war weniger frontal, sondern auf einen interaktiven Austausch ausgerichtet. Wir hatten zum Beispiel die Möglichkeit, Gesprächssituationen mit Schauspieler*innen zu üben». Den Erfahrungsaustausch auf Peer-Ebene fand sie ebenfalls bereichernd: «Von den Kolleg*innen aus der Psychiatrie habe ich erfahren, dass sie weiter sind als die Somatik. Bei aggressivem Verhalten gehen sie gezielter und strukturierter vor», berichtet Gaby Gürber.
Zur Person: Gaby Gürber
Gaby Gürber ist Expertin in Intensivpflege NDS HF und hat sich im Bereich Führung und Management weitergebildet. Sie ist seit über 14 Jahren im Luzerner Kantonsspital tätig und leitet seit 2020 die Pflege der Intensivstationen Luzern und seit 2023 zusätzlich die Intensivstation in Sursee.
Die Sensibilität für Aggression und Gewalt stärken
«Im Bereich Aggression und Gewalt haben wir Handlungsmöglichkeiten, um die Belastungen im Arbeitsalltag zu reduzieren», sagt die Leiterin Pflege. In erster Linie gehe es darum, die Vorfälle ernst zu nehmen und zu ermitteln, was die Mitarbeitenden, die Patient*innen und die Angehörigen in diesem Moment brauchen. «Im nächsten Schritt wird geprüft, welche Veränderungen in den Prozessen und eventuell auch in der Infrastruktur notwendig sind», erläutert Gaby Gürber. «Sind die Angehörigen zu lange im Wartebereich? Gibt es bestimmte Trigger in der Gesprächsführung? Welche Anpassungen können wir an den Räumlichkeiten vornehmen? Solche Fragen müssen gestellt und geklärt werden.» Seit dem Kurs hat sich ihre Sensibilität für Aggression und Gewalt deutlich verändert. «Ich höre zum Beispiel im Pausenraum bei Gesprächen über schwierige Situationen mit Angehörigen oder Patient*innen aufmerksamer zu, spreche das Thema an und frage gezielt nach». Im Sinne von Positive Leadership, dem Führungskonzept, mit dem sie im Fachkurs gearbeitet haben, möchte sie den Grundsatz «Gewalt darf nicht toleriert werden» aktiv umsetzen. «Als Führungsperson ist es meine Aufgabe, Aggression und Gewalt wahrzunehmen und lösungsfokussiert zu handeln. Der Kurs bietet praktische Werkzeuge für den Umgang mit diesen Situationen und stärkt die Sensibilität.»