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4 Handlungsfelder für sichere Arbeitsplätze
21.03.2023 In der digitalisierten Arbeitswelt delegieren Führungspersonen mehr Verantwortung, Arbeitnehmer*innen stärken Selbst- und Sozialkompetenzen, Vorgesetzte werden zu Lern-Coaches und Weiterbildung erfindet sich neu. Jonathan Bennett und Peter Neuenschwander verraten, was wir als Gesellschaft für mehr Arbeitsplatzsicherheit tun können.
Der aktuelle Wandel in der Arbeitswelt bringt sowohl für Arbeitgeber*innen als auch Arbeitnehmer*innen Herausforderungen mit sich. Einerseits wird der Pool der Arbeitnehmenden ständig älter, während sich andererseits die Art der Arbeit durch die Digitalisierung ebenfalls stetig und immer schneller weiterentwickelt.
Der Umgang mit diesen gleichzeitig ablaufenden Wandlungsprozessen wird in Zukunft vermehrt die Aufmerksamkeit von HR-Verantwortlichen und Führungskräften in den verschiedensten Branchen auf sich ziehen. Gleichzeitig sind zunehmend auch Arbeitnehmer*innen gefragt, sich mit den neuen Tätigkeiten auseinanderzusetzen.
1 Agiles Arbeiten nimmt alle in die Verantwortung
Die Digitalisierung der Arbeitswelt verlangt nach mehr Agilität, was wiederum traditionelle Hierarchien und Prozesse in Frage stellt. Denn im agilen Team delegieren Führungspersonen vermehrt Verantwortung an relativ autonome Projektteams und die Handlungsspielräume der Mitarbeiter*innen werden grösser.
In diesem anspruchsvollen Setting bleiben Pflichten der Arbeitgeber*innen wie etwa Massnahmen zur Gesundheitsvorsorge zwar sehr bedeutsam, gleichzeitig gehen die erwähnten höheren Freiheitsgrade der einzelnen Mitarbeiter*innen mit der Übernahme von mehr Eigenverantwortung einher:
Erstens müssen sie für ihre berufliche Weiterentwicklung die vorhandenen Opportunitäten nutzen und auch selbst die Initiative ergreifen. Weil qualifizierte Arbeitskräfte knapp sind, haben sie tendenziell gute Chancen, im Gespräch mit Arbeitgeber*innen optimale Rahmenbedingungen dafür auszuhandeln. Und zweitens müssen sich Arbeitnehmer*innen bewusst machen, dass Fachwissen allein heute keine längerfristige berufliche Laufbahn mehr ermöglicht. Zwar müssen sie dieses à jour halten, gleichzeitig aber auch vermehrt in ihre fachübergreifenden Kompetenzen investieren.
2 Soft Skills werden wichtiger
Diese fachübergreifenden Kompetenzen werden in Zukunft von noch grösserer Bedeutung sein. Dazu zählen insbesondere die Sozial- und die Selbstkompetenz.
Sozialkompetente Arbeitskräfte arbeiten professionell und situationsangemessen mit anderen zusammen. Sie wissen, wie sie Beziehungen aufbauen und erfolgreich gestalten und sind in der Lage, lösungsorientiert mit Konflikten umzugehen. Wer Veränderungen konstruktiv begegnet, sich selbst reflektiert und die eigenen Lern- und Arbeitsprozesse neuen Gegebenheiten anpassen kann, verfügt zudem über Selbstkompetenz.
Gerade Anpassungs- und Veränderungsbereitschaft sowie Resilienz – also die Fähigkeit, schwierige Situationen erfolgreich zu meistern – werden in Zeiten des beschleunigten Wandels wichtiger. Denn resiliente Personen können mit sich verändernden Rahmenbedingungen und Anforderungen produktiv umgehen. Dadurch bleiben sie auf dem Arbeitsmarkt attraktiv.
3 Führungskraft wird Lern-Coach
In Grossunternehmen sind die Bildungshintergründe und -voraussetzungen der Arbeitnehmer*innen sehr divers. Fachübergreifende Fähigkeiten wie Ideenentwicklung, Workshopping oder zielgruppengerechte Kommunikation werden zwar immer relevanter, können aber nicht einfach vorausgesetzt werden. Leitungspersonen müssen deshalb dafür sensibilisiert sein, Förderungspotenzial oder Nachholbedarf bei ihren Mitarbeiter*innen zu erkennen und mit ihnen geeignete Massnahmen zu diskutieren und umzusetzen – gerade auch, wenn es um die fachübergreifenden Kompetenzen geht. Sie sollten sich also vermehrt in Richtung von Lern-Coaches weiterentwickeln.
Denn so viel ist sicher: Die Halbwertszeit von Fachwissen verringert sich, während die fachübergreifenden Kompetenzen zunehmend als Schlüsselkompetenzen für den Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit gelten.
4 Weiterbildung unter Innovationsdruck
Diese stärkere Gewichtung von fachübergreifenden Kompetenzen wirft gerade für Bildungsinstitutionen interessante Fragen auf. So rücken zunehmend jene Vorteile von Weiterbildungen in den Blickpunkt, die über einen Zugewinn an Fachwissen hinausgehen.
Ob Aufbau von Sozialkapital, Dialog mit Fachleuten aus anderen Branchen oder direkte Verwertbarkeit der Weiterbildung in Projektarbeiten am Arbeitsplatz: Es sind immer mehr ehemals periphere Vorteile, welche Weiterbildungen in erster Linie attraktiv machen.
Dies verändert insbesondere die Rolle der Dozent*innen: Einerseits initiieren und begleiten sie massgeschneiderte Lernprozesse mit einem hohen Selbststeuerungsanteil der Teilnehmer*innen. Andererseits ermöglichen sie im Kontaktunterricht die fachübergreifende Vertiefung und Einordnung sowie den Austausch mit Peers.
Über uns
Prof. Dr. Jonathan Bennett: Co-Leiter Institut Alter mit Fokus auf angewandte Forschung und Entwicklung in den Schwerpunkten Sorge im fragilen Alter, Altersarbeit im kommunalen Sozialraum und Alternde Gesellschaft
Prof. Dr. Peter Neuenschwander: Stv. Leiter Institut Soziale Sicherheit und Sozialpolitik mit Fokus auf angewandte Forschung und Entwicklung im Schwerpunkt Berufliche und soziale Integration
MOZART: Projektseite: Modelle für den zukünftigen Arbeitsmarkt 45+
Folgeprojekt «Erwerbstätigkeit im Rentenalter»: Motive und mögliche Erfolgsfaktoren
SBB-Projekt Case Study: Flexibilisierung der Arbeitskräfte
Stadt Bern Case Study: Laufbahnmodelle für ältere und benachteiligte Mitarbeiter*innen
Werkzeug Boxenstopp: SBB sensibilisiert für Zukunft auf dem Arbeitsmarkt