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Trinknahrung im Fokus: Der MEDPass-Modus und seine Auswirkungen

16.07.2024 Die Berner Fachhochschule und die Inselgruppe haben gemeinsam untersucht, ob die Verabreichung von oralen Nahrungssupplementen (ONS) im MEDPass-Modus die Ergebnisse bei Patient*innen verbessert. Die MEDPass-Studie ist die erste randomisierte kontrollierte Studie (RCT) zu diesem Thema.

Das Wichtigste in Kürze

  • MEDPass-Modus: Die Verabreichung von Trinknahrung (ONS) mit Medikamenten verbessert die Therapieadhärenz.

  • Die Studie der BFH und der Inselgruppe zeigen keine signifikanten Vorteile des MEDPass-Modus bei Energie- und Proteinzufuhr, Handkraft, Gewicht, Appetit, Übelkeit und Sterblichkeit nach 30 Tagen.

  • Trotz fehlender klinischer Vorteile empfehlen die Forscher*innen die Verabreichung im MEDPass-Modus, da er besser in den Pflegealltag integriert werden kann. 

ONS

Patient*innen, die ein erhöhtes Risiko für Mangelernährung haben, benötigen oft zusätzliche Nahrung in Form von speziellen Getränken, auch Trinknahrung oder ONS genannt, um ihren Energie- und Proteinbedarf zu decken. Leider nehmen viele Betroffene die ONS  nicht regelmässig ein, was ihre Ernährungstherapie erschwert. Es gibt keine festen Regeln, wann die ONS eingenommen werden sollten. Dadurch wird die Verabreichung im klinischen Alltag unterschiedlich gehandhabt. Herkömmlich werden sie als Zwischenmahlzeit gereicht. 

MEDPass-Modus für bessere Einnahme bei Patient*innen

Der MEDPass-Modus verbessert die Einnahme bei Patient*innen, indem die Verabreichung von ONS zusammen mit den Medikamenten drei bis viermal täglich in kleinen Portionen serviert wird (Krebs et al., 2022). In der MEDPass-Studie gingen Forscher*innen der Berner Fachhochschule zusammen mit der Inselgruppe der Frage nach, ob der MEDPass-Modus gegenüber der herkömmlichen nicht standardisierten Verabreichung die Ergebnisse bei Patient*innen verbessert (Kurmann et al., 2021). Konkret wurde untersucht, ob Patient*innen durch die Methode mehr Energie und Protein zu sich nehmen und ob sich die Handkraft (Faustschlusskraft), die ein Indikator für Mangelernährung ist, durch die Einnahme verbessert. Des Weiteren wurde untersucht, ob sich das Gewicht der Patient*innen verändert und ob Übelkeit und Appetit unterschiedlich sind, je nachdem, ob die ONS nach dem MEDPass-Modus oder auf herkömmliche Wiese verabreicht werden. Auch wurde analysiert, ob die Dauer des Krankenhausaufenthalts und die Sterblichkeit innerhalb von 30 Tagen variieren. 

Verbesserte Patient*innenergebnisse durch MEDPass-Modus nicht bestätigt

Am Standort Tiefenau der Inselgruppe wurden 203 vorwiegend ältere Patient*innen untersucht. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass der MEDPass-Modus keine Vorteile bei der Aufnahme von Energie und Protein, der Menge der eingenommenen ONS, der Handkraft, dem Gewicht, dem Appetit, der Übelkeit und der Sterblichkeit innerhalb von 30 Tagen bietet  (Kurmann et al., 2023). Allerdings bestätigte die Studie, dass die Patient*innen die Therapie durch den MEDPass-Modus besser einhalten (Kurmann et al., 2023). Auch weitere Untersuchungen anhand von Subgruppenanalysen zur Energiedichte der Trinknahrung und dem Ernährungsrisiko (Schläppi et al., 2024) sowie der Faustschlusskraft (Uhlmann et al., 2024) zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. 

In begleitenden Projekten wurden weitere Aspekte der Verabreichung untersucht, um ein umfassenderes Bild für die Praxis zu erhalten. Dabei zeigte sich, dass der MEDPass-Modus schon in fast 70 Prozent der Deutschschweizer Spitäler und Rehabilitationskliniken eingesetzt wird. Die Verantwortlichkeiten der involvierten Gesundheitsfachpersonen für das Management der ONS sind dabei von der Indikationsstellung bis zum Austritt mehrheitlich einheitlich geregelt (Kaufmann et al., 2024). Pflegefachpersonen sind dem MEDPass-Modus gegenüber positiv eingestellt (Uhlmann et al., 2022) und sehen besonders Vorteile bei den Arbeitsabläufen (Christen et al. 2021). Die Vorlieben der Patient*innen sind hingegen sehr unterschiedlich und hängen von verschiedenen Faktoren ab (Uhlmann, 2024).

MEDPass-Modus trotz fehlender Evidenz für klinische Ergebnisse empfohlen

Abschliessend lässt sich trotz fehlender Evidenz für klinische Ergebnisse feststellen, dass der MEDPass-Modus aufgrund seiner besseren Therapieadhärenz und Integration in den Pflegealltag bevorzugt werden kann. Die Präferenzen der Patient*innen sollten in der Klinik jedoch berücksichtigt werden und es sollte die Möglichkeit gegeben werden, den Verabreichungsmodus zu wechseln. 

Weitere Fragestellungen, wie eine gesundheitsökonomische Bewertung der Verabreichungsweisen, würden das Verständnis für das Thema weiter fördern und sind momentan in Planung. 

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