Dimitry Demin – «Das Start-up-Coaching der BFH war sehr wertvoll»

«Man muss schnell die ersten Kunden finden. So versteht man auch schneller, wie das Produkt genau gestaltet werden muss, damit es erfolgreich sein kann», sagt Dimitry Demin, Gründer von AlgoTecture. Das Start-up vereinfacht mit seinen Algorithmen Planungsprozesse in der Baubranche.

Herr Demin, was ist die Geschäftsidee Ihres Start-ups?

Wir bieten innerhalb kurzer Zeit wertvolle Daten und Informationen über bestehende Gebäudeparks inklusive ihrer Geometrie. Zudem verbinden wir mit unseren Algorithmen diese Informationen mit dem Nutzungsbedarf und vereinfachen damit die Planungen. Im Weiteren verfügt AlgoTecture über ein eigenes Framework, welches die Informationszugänglichkeit über Bauwerkseigenschaften von dezentralen Programmen garantiert.

Was heisst das konkret?

Planer, Architekten oder Investoren erhalten bei uns zum Beispiel Informationen über bestehende Gebäude: Wie sehen sie aus, über welche Dimensionen verfügen sie usw. Wir liefern auch Berechnungen zur Ökobilanz eines Hauses. Hinzu kommen umfassende Planungen. Für konkrete Parzellen in Gemeinden entwickeln wir Vorschläge: Welche Art von Gebäuden eignen sich dort besonders gut, welche haben die grössten Marktchancen? Welche Wohnungen braucht es dazu? Wir liefern auch virtuelle Rundgänge durch die fertig geplanten Häuser. Wichtig ist unser Freemium-Konzept: Die Basis-Services bieten wir gratis an, weitergehende Dienstleistungen sind dann kostenpflichtig.

Warum ist das eine gute Geschäftsidee?

Wir vereinfachen Design-, Bau- und Betriebsprozesse radikal, indem wir ein intelligentes Framework bereitstellen. Solche schnellen und konkreten Analysen bietet niemand anderes an. Das erleichtert das Leben von Architekten und Investoren, später hoffentlich auch von Familien.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen?

Ich habe mich gefragt, warum Immobilien in der Schweiz so teuer sind, warum das Wohnen so teuer ist (lacht). Warum bezahlt man 40 oder 50 Franken pro Quadratmeter und Monat? Zusammen mit befreundeten Architekten haben wir analysiert, warum das so ist: Planungen müssen einfacher werden, es muss bezahlbarer und ökologischer gebaut werden. Ich habe in Russland angewandte Mathematik studiert, danach in Deutschland die Ausbildung zum Diplom-Ingenieur gemacht. An der ETH in Zürich absolvierte ich schliesslich den Master in Computer Aided Architectural Design (CAAD). Meine breite Ausbildung hilft mir jetzt, denn meine Vision ist es, fantasievolle, moderne Architektur mit computerwissenschaftlichen Technologien zu verbinden. Ich möchte Gebäude erstellen, die ökologisch sinnvoll und ästhetisch wegweisend sind.

Sie haben das Start-up 2016 gegründet. Wo steht das Unternehmen im Moment?

Wir sind noch in der Entwicklungsphase. Erste Meilensteine haben wir schon erreicht, indem wir zum Beispiel die verschiedenen Daten auf einer Plattform gesammelt und so konfiguriert haben, dass sie von Kunden auch verwendet werden können. Im Moment arbeiten wir an zwei Referenzprojekten: Das eine in Deutschland wird 2022 fertig sein, jenes in der Schweiz ist erst in Planung. Im Moment bin ich zu 90 Prozent mit Programmieren beschäftigt. In der restlichen Zeit informiere ich Partner und Investoren mit einem Newsletter über die laufenden Entwicklungen. Daneben arbeite ich noch als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Siedlungsentwicklung und Infrastruktur der BFH.

Haben Sie oft gezweifelt?

Nein, nicht oft. Aber natürlich fragt man sich immer wieder, ob man auf dem richtigen Weg ist. Bis man die ersten Partner gefunden hat, gibt es immer wieder Zweifel. Und Partner und Investoren bauen natürlich auch Druck auf und wollen Zwischenergebnisse sehen. Wichtig ist, dass man gut kommuniziert und alle Beteiligten immer genau über die nächsten Schritte informiert. Aber ich war immer davon überzeugt, dass es für unsere Idee einen Markt gibt.

Was fasziniert Sie an Ihrer Arbeit als Start-up-Gründer besonders?

Dass ich mit kreativer Arbeit die Möglichkeit habe, soziale Umstände zu verändern. Das Gründen eines Start-ups ist eine lange Reise. Auf Rückschläge muss man mit Gelassenheit reagieren, an gewissen Punkten muss man einfach auch Niederlagen akzeptieren. Aber man muss gleichzeitig auch Sicherheiten einbauen, damit eine Niederlage nicht gleich das Ende bedeutet.

Welche Unterstützung war in der Start-up-Phase besonders wichtig?

Jene der BFH. Ich habe einen Start-up-Coaching-Kurs bei Aron Braun besucht, der sehr wertvoll war. Es wurden verschiedene Unternehmen eingeladen und ich erhielt viel praktische Hilfe: Wie akquiriert man Kunden? Wie gewinnt man Investoren, wie gestaltet man ein entsprechendes Dossier? Zudem wurde uns ein guter Überblick über die Entrepreneurship-Szene der Schweiz geboten. Der spätere Austausch mit dem BFH-Spin-Off-Office bzw. mit Andreas Eigenheer hat die Informationen weiter vertieft. Was mich erstaunt hat: Obwohl die Schweizer Baubranche sehr umsatzstark und auch in Covid-Zeiten erfolgreich ist, ist es sehr schwierig, Investoren zu finden, die an einer übergeordneten Lösung Interesse haben. Ein grosses Beziehungsnetz und persönliche Gespräche sind äusserst wichtig, um Vertrauen zu gewinnen und Interessen zu bündeln.

Auf was müssen Gründerinnen und Gründer besonders achten?

Dass man schnell die ersten Kunden findet. So versteht man auch schneller, wie das Produkt genau gestaltet werden muss, damit es erfolgreich sein kann.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

In den nächsten Jahren möchten wir kontinuierlich wachsen und auf dem Immobilien-Markt Spuren hinterlassen. Wir wollen den Kundenstamm laufend ausbauen und hoffen, dass wir in fünf Jahren mit dem Unternehmen die Gewinnschwelle erreichen. Wir wollen vielen Menschen das Leben leichter machen und mithelfen, dass ästhetische und nachhaltigere Bauwerke gebaut werden.

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Dimitry Demin, Gründer von AlgoTecture

Steckbrief

Departement

Architektur, Holz und Bau

Institut

Institut für Siedlungsentwicklung und Infrastruktur

Funktion

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Start-up

AlgoTecture

Link

AlgoTecture