23.11.2019
Nach dem Brand in der Pariser Kathedrale Notre-Dame stellt sich die Frage nach dem Brandrisiko von Holzbauten. Wie sieht es aus mit der Brandsicherheit von Kultur- und Wohngebäuden in der Schweiz? Und wo steht die Forschung? Experten der Berner Fachhochschule geben Auskunft.
"Holz brennt. Das war für die Entwicklung der Menschen entscheidend. Trotzdem ist es ein sehr guter Werkstoff, der sicher ist, wenn er richtig angewendet wird."
Hanspeter Kolb, Leiter Kompetenzbereich Brandsicherheit und Bauphysik der BFH
Mit ihren seit 2015 geltenden innovativen Brandschutzvorschriften ist die Schweiz im europäischen Raum eines der fortschrittlichsten Länder in dieser Disziplin. Aufgrund positiver Erfahrungen mit dem Brandverhalten von Holz wurden materielle und konstruktive Einschränkungen grösstenteils beseitigt. Bei den Brandschutzvorschriften geht es um Konzepte, Bauteile, Materialien und technische Massnahmen, die ein gesamtes Objekt schützen. Die gesetzlichen Vorschriften regeln, wo Holz als Baustoff eingesetzt werden kann, wo spezielle Konstruktionen und Löschkonzepte nötig sind und welche Schutzziele eingehalten werden müssen.
"In der Forschung versuchen wir nicht die Brennbarkeit an sich, sondern das Brandverhalten von Holz zu beeinflussen."
Thomas Volkmer, Leiter Kompetenzbereich Oberflächenbehandlung und Holzmodifikation der BFH
Anstriche, die im Falle eines Feuers aufschäumen und eine Isolationsschicht bilden. Silikatfarben auf Basis von Silicium, das nicht brennt. Eine Brandschutzimprägnierung mit Salzen, die bei einem Brand schnell Holzkohleschichten bilden, die den Brand stoppen. In der Forschung und Entwicklung sind verschiedene Projekte am Laufen, welche zum Ziel haben, dass Holz weniger schnell brennt.
"Neue Werkstoffe führen auch zu neuen Anwendungsmöglichkeiten."
Hanspeter Kolb, Leiter Kompetenzbereich Brandsicherheit und Bauphysik der BFH
Die Brandschutzvorschriften in der Schweiz sind fortschrittlich. Holz als Baustoff kann heute relativ frei eingesetzt werden. In Gebäuden mit erhöhten Sicherheitsansprüchen – z.B. Spitäler und Altersheime – oder in bestimmten Bereichen eines Gebäudes – z.B. im Bereich der Fluchtwege – darf Holz heute nur bedingt eingesetzt werden. Wenn es gelingt, modifizierte Werkstoffe zu entwickeln, die als «schwer entflammbar» eingestuft werden, könnte Holz in Zukunft auch in diesen Objekten und Bereichen zum Einsatz kommen. Wir arbeiten daran.
Ein Anwendungsbeispiel
Die Brandsicherheit in denkmalgeschützten Bauten aus Holz ist auch Thema bei einem Innosuisse-Projekt, das dieses Jahr angelaufen ist. Das Projekt "Gebäudeerneuerung Oberwallis" hat zum Ziel, dass leerstehende historisch wertvolle Gebäude in Oberwalliser Dorfkernen wieder genutzt und aufgewertet werden. Das Projektteam erarbeitet einen Leitfaden sowie Musterlösungen, die als Planungshilfen für eine kosteneffiziente Sanierung mit einer hohen technischen und gestalterischen Qualität dienen.
Brandschutzspezialistinnen und -spezialisten sind gefragt
Durch die Brandschutzvorschriften 2015 sind die Möglichkeiten im Holzbau vielfältiger geworden. Es steigen aber auch die Anforderungen an Planer und Ausführende. Um die Weiterbildungsbedürfnisse abzudecken, bietet die BFH diverse Weiterbildungsmöglichkeiten an.