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«KMU unterschätzen oft den Wert ihrer Daten»
02.04.2019 Jasmin Wandel leitet das neu gegründete BFH-Institut für Optimierung und Datenanalyse IODA. Die Statistikprofessorin über Big Data, Data Science und die Ethikfrage.
Jasmin Wandel, Algorithmen bestimmen unsere Online-Welt. Was ist ein Algorithmus genau?
Jasmin Wandel: Das ist eine spezielle Frage, einer Statistikerin zu stellen (lacht). Ein Algorithmus ist eine Abfolge von Befehlen, welche in einer festgelegten Reihenfolge ausgeführt werden. Wenn man zum Beispiel ein IKEA-Regal gemäss Anleitung aufstellt, befolgt man auch einen Algorithmus. Die Algorithmen, welche in der Online-Welt eingesetzt werden, sind natürlich viel komplexer, damit beispielsweise in Echtzeit personalisierte Werbung angezeigt werden kann.
Unterscheidet sich die Big Data-Analyse nur in der Handhabung der riesigen Datenmengen von herkömmlicher Datenanalyse?
Die beiden Begriffe «Big-Data- Analyse» und «herkömmliche Datenanalyse» sind ja grundsätzlich nicht scharf definiert. Wie Sie gesagt haben: Wegen der Menge an Daten ist die Big Data Analyse viel näher an der ITSchnittstelle als die klassische Datenanalyse. Ein weiterer zentraler Unterschied: Die klassische Datenanalyse hat meistens eine prospektive Fragestellung, die im Zentrum steht. Darauf aufbauend plant man eine Studie und erhebt dann die Daten. Bei Big Data ist es häufig umgekehrt. Man sammelt Daten und versucht im Nachhinein, interessante Fragen zu beantworten, zum Beispiel: «Welcher Kundentyp hat Produkt XY am häufigsten gekauft?»
Wie interdisziplinär sind moderne Datenanalysen?
Ob modern oder nicht, jede gute Datenanalyse muss interdisziplinär sein. Statistik ist eine Hilfswissenschaft, ein Hilfsmittel.
Das heisst, Sie müssen im jeweiligen Gebiet Zugang zu Fachwissen haben – mit wemarbeiten Sie zusammen?
Mit allen. Das ist ja das Interessante. Ich war bereits im medizinischen Bereich tätig, arbeite oft mit Ärzten zusammen oder Firmen in der Medizinaltechnik. Aber auch völlig andere Gebiete sind möglich, zum Beispiel, wenn wir Prozessoptimierungen machen. Das ist das Tolle an der Statistik: Die Methoden sind unabhängig vomFachgebiet ähnlich.
Warum wurde das Institut für Optimierung und Datenanalyse gegründet?
Vorher hiess es Institut für Risiko- und Extremwertanalyse. Nun liegt der Fokus stärker auf Data Science. Wir wollen damit den Bedürfnissen der Industrie mehr Rechnung tragen und dies auch mit einem neuen Namen nach aussen kommunizieren. Wir richten uns auch an KMU, die ihre Produktionsprozesse optimieren wollen.