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«Digitale Services müssen die Erledigung administrativer Tätigkeiten erleichtern.»
02.09.2022 Wie digital ist die Schweizer Verwaltung? Im Interview mit Jasmine Streich gibt Peppino Giarritta, Beauftragter von Bund und Kantonen für die Digitale Verwaltung Schweiz, Einblick in aktuelle Projekte, spricht über seine Vision einer digitalen Schweiz und verrät, wie digital er im Privaten ist.
Die «Digitale Verwaltung Schweiz» (DVS) wurde Anfang 2022 als Organisation neu gegründet. Gab es bereits überraschende Erkenntnisse?
Wirkliche Überraschungen gab es keine. Erfreulich ist aber, dass Mitarbeitende von Verwaltungen aller Staatsebenen mitziehen und gemeinsam die digitale Transformation der Verwaltungen vorantreiben möchten.
Sie haben sich viel vorgenommen für die nächsten Monate. Welche Schwerpunkte haben Sie gesetzt?
Der Bedarf an Austausch ist gross. Unsere Aktivitäten mussten wir dieses Jahr stark priorisieren und wir werden dies auch fürs 2023 tun. Inhaltlich liegt unser Fokus auf den Vorhaben aus den fünf Ambitionen der Agenda DVS, die als wichtige Grundlage für die digitale Verwaltung gelten. Im Vordergrund steht die Bereitstellung von gemeinsamen Infrastrukturen und Basisdiensten für die Identitäts- und Zugriffsverwaltung, für den Ausbau der Serviceangebote oder für die übergreifende Nutzung und Verwaltung von Daten. Dank einem koordinierten Vorgehen und unter Mitwirkung der DVS konnte beispielsweise der Gesetzesentwurf der staatlichen E-ID rasch erarbeitet werden.
Anlässlich der diesjährigen TRANSFORM haben Sie eine Analogie verschiedener Zahnräder für die Verwaltung in der Schweiz gezeigt. Wo sind ihrer Meinung aktuell die wichtigsten technischen bzw. strategischen Justierungen zu treffen?
Die Zahnräder stehen sinnbildlich für die behördenübergreifende Zusammenarbeit. Wenn zum Beispiel kleine Zahnräder schnell drehen und innovativ sind, kann dies positive Impulse auf grössere Zahnräder haben. Es ist deshalb wichtig, dass wir uns austauschen und einen gemeinsamen Masterplan aufbauen und verfolgen, sodass kein Zahnrad den Antrieb blockiert. Im Wesentlichen möchten wir die Themen der «Agenda DVS» gemeinsam realisieren.
Wie sieht ihre Vision einer digitalen Schweiz aus?
Ich orientiere mich am Motto «digital first»: Behördenleistungen sollen überall dort digital zur Verfügung stehen, wo dies möglich ist. Digitale Services müssen die Erledigung administrativer Tätigkeiten erleichtern. Wir leben in einem digitalen Zeitalter, weshalb sich die Verwaltungen an der Lebensrealität der Bevölkerung ausrichten soll: Unsere Angebote müssen mit den Bedürfnissen der Einwohnerinnen und Einwohner im Einklang stehen. Weiter sollen die Verwaltungen von technologischen Fortschritten profitieren und von Routineaufgaben entlastet werden. Das gibt ihnen mehr Zeit für komplexe Tätigkeiten.
Die Schweiz gilt als eines der innovativsten Länder weltweit, dennoch belegt sie bei Studien zur Umsetzung der digitalen Verwaltung europaweit einen der letzten Plätze. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe dafür?
Ein solcher Vergleich, wie es internationale Studien tun, ist mit Vorsicht zu geniessen. Die Ausgangslage und die Rahmenbedingungen sind in vielen Ländern unterschiedlich. Einige europäische Länder haben sich die Themen früher auf die politische Agenda gesetzt. Zudem haben wir in der Schweiz eine gut funktionierende Verwaltung und sind wenig zentralistisch organisiert.
Gibt es im europäischen Raum Vorbilder, an welchen Sie sich orientieren?
Es gibt spannende Entwicklungen in verschiedenen Ländern, die wir verfolgen. Uns dient aber nicht ein bestimmtes Land als Vorbild. Beispielsweise vergleichen wir uns in E-Government-Studien mit unseren Nachbarländern Deutschland und Österreich. Dort schneidet die Schweiz in vielen Bereichen gut ab.
Wie digital sind sie privat?
In meinem Privatleben nutze ich oft und gerne digitale Dienste. Dabei lege ich einen hohen Wert auf Privatsphäre und Sicherheit. Ich schätze bei E-Services die Flexibilität und die Freiheit, die ich gewinne. Das Taschengeld meiner Kinder bezahle ich beispielsweise schon lange ausschliesslich digital.
Über die «Digitale Verwaltung Schweiz»
Die Digitale Verwaltung Schweiz gestaltet die strategische Steuerung und Koordination der Digitalisierungsaktivitäten von Bund, Kantonen und Gemeinden. Die Organisation ist seit dem 1. Januar 2022 operativ tätig. Sie fördert damit die digitale Transformation zwischen und innerhalb der drei Staatsebenen und vereint die operativen Tätigkeiten von E-Government Schweiz und der Schweizerischen Informatikkonferenz. Die DVS ist strategische Partnerin des Instituts Public Sector Transformation des Departements Wirtschaft der Berner Fachhochschule.