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Von der Hochschulbank auf die Bühne der European Marketing Academy: Wie ein Semesterprojekt zur ersten wissenschaftlichen Publikation wurde
14.03.2023 Das hätten sich Jonas Berger, Livia Graf, Miriam Fux, Roman Schaad, Janick Scheidegger und Fabian Zbinden zu Beginn ihres Studiums an der BFH Wirtschaft nicht träumen lassen: Dank eines Live Cases im Rahmen des Bachelorstudienganges Betriebsökonomie werden ihre Forschungsergebnisse als reguläres «Competitive Paper» auf der jährlichen Konferenz der European Marketing Academy 2023 in Odense (Dänemark) vorgestellt.
Am Anfang stand eine erhebliche Herausforderung: In Live Cases erarbeiten Studierende der BFH Wirtschaft im Modul Entrepreneurial Marketing gemeinsam mit lokalen Start-Ups konkrete Lösungen für praxisrelevante Problemstellungen. Im Herbstsemester 2022 standen Service-Roboter im Zentrum des Moduls. Gemeinsam mit dem Start-Up Bebop Robotics AG haben die Studierenden analysiert, wofür sich der Einsatz solcher Roboter am besten eignet.
Im vorliegenden Fall ging es konkret um Einsatzmöglichkeiten von Service-Robotern in der Gastronomie. Hier galt es, zahlreiche Fragen zu klären: Drei Gruppen untersuchten, wie hoch die Akzeptanz solcher Roboter seitens der Gastronomiebetreiber*innen ist, aber auch seitens des Servicepersonals und der Restaurantgäste. Zum anderen ging es in zwei Gruppen auch um Fragen rund um das Thema Preis, etwas wie hoch die Zahlungsbereitschaft von Manager*innen für solche Roboter sind, und wie Restaurantgäste auf die Preispolitik eines Restaurants reagieren, wenn Roboter im Einsatz sind. Der Beantwortung dieser letzten Frage widmete sich die Gruppe, deren Analysen sich nun auf einer akademischen Fachkonferenz wiederfinden.
Konkret ging es hier um das Thema Preisfairness, also die subjektive Wahrnehmung von Preisen als fair, angemessen oder gerecht. Eine zentrale Erkenntnis der verhaltenswissenschaftlichen Preisforschung ist, dass gleiche Preise oder preispolitische Instrumente trotz des gleichen Produkts ganz unterschiedliche Preisfairnessbewertungen zur Folge haben können – zum Beispiel, weil sich der Kontext unterscheidet. Zwei Beispiele: Ein Preis von 5 Franken für einen Kaffee in einer «Beiz» in Bümpliz wird vermutlich weniger angemessen wahrgenommen als ein Preis von 5 Franken für denselben Kaffee in einem Berner Nobelrestaurant. Und eine Preiserhöhung für eine Schneeschaufel um 20% ist eine Sache, aber eine Preiserhöhung für eine Schneeschaufel um 20% am Morgen nach einem Schneesturm eine völlig andere. Diese Beispiele zeigen, dass Menschen bei ihren Preisfairnessbewertungen Faktoren wir mutmassliche Kosten und Motive der Anbieter mit einbeziehen. Deshalb ist es für Manager*innen und für Forscher*innen von entscheidender Bedeutung, die Reaktionen der Verbraucher*innen zu verstehen. Die Frage für die Gruppe um Jonas Berger war nun, ob der Einsatz von Service-Robotern und die Positionierung des Restaurants (Fastfood im Vergleich zu Fine Dining) solche relevanten Kontextfaktoren für die Preisfairnessbewertung von Restaurants darstellen.
Das wichtigste Ergebnis des Experiments war, dass die Anwesenheit eines Roboters das Urteil über die Preisfairness beeinflusst. Die befragten Personen haben eine Erhöhung der Restaurantpreise bei einem Einsatz von Robotern als weniger fair erachtet als eine identische Preiserhöhung, wenn keine Roboter anwesend waren. Die Hypothese, dass dieser Effekt von der Positionierung des Restaurants abhängt, konnte im Rahmen dieses Experiments nicht bestätigt werden. Für Gastronomiebetreiber*innen bedeutet dieses Ergebnis dennoch, dass sie sich dem Thema Preisgestaltung bei der Einführung von Service-Robotern bewusst sein müssen, weil dies neben offensichtlichen Fragen der Finanzierbarkeit, Machbarkeit (z.B. Integration von Service-Roboter in bestehende Prozesse) und Akzeptanz seitens des Personals und der Gäste eine neue Front eröffnen könnte, über die sie sich bisher keine Gedanken gemacht haben.
Diese Ergebnisse haben unsere beiden Forscher Prof. Dr. Stefan Rose sowie Dr. Prof. Sven Feurer aus der Fachgruppe Marketing zum Anlass genommen, die Resultate in einem wissenschaftlichen Paper festzuhalten und im Namen der Studierenden bei der EMAC Annual Conference einzureichen. Die Studierenden sind dabei offizielle Koautor*innen dieser Arbeit.
In einem «Double blind review»-Verfahren wurde das Papier angenommen und wird nun im Mai präsentiert werden – ein grosser Erfolg für unsere Bachelorstudierenden, aber auch für unsere Lehre und das Konzept unserer Live Cases. Es zeigt exemplarisch, wie wir als Business School unsere Studierenden von Anfang an fit für die Zukunft machen und wie wir bereits auf Bachelor-Niveau praxisorientierte Lehre mit akademischem Impact verbinden.