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«Gemeinsam mehr wissen und bewegen»

13.01.2025 Innovative Ansätze für eine partizipative Zukunft: In einem «Thinktank» gestalteten armutsbetroffene Menschen und Fachpersonen gemeinsam die soziale Landschaft im Kanton Glarus.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die BFH bietet interessierten Institutionen einen Fachkurs an, um den Zugang und die Qualität der sozialen Angebote zu verbessern.

  • Der Fachkurs «Gemeinsam mehr wissen und bewegen» bringt armutsbetroffene Menschen und Fachpersonen der Sozialen Arbeit als «Thinktank» zusammen.

  • Die Erfahrungen aus dem Kanton Glarus sind Vorbild für weitere Fachkurse, die interessierte Stellen mit der BFH durchführen können.

Im Kanton Glarus fand Ende letzten Jahres ein bemerkenswertes Projekt statt, das Armutsprävention und -bekämpfung in den Mittelpunkt stellte. Der speziell entwickelte Fachkurs «Gemeinsam mehr wissen und bewegen» brachte armutsbetroffene Menschen – sogenannte Erfahrungsexpert*innen – und Fachpersonen der Sozialen Dienste sowie der Berufs- und Laufbahnberatung zusammen. Über sechs Nachmittage hinweg arbeiteten die Teilnehmenden in diesem «Thinktank» gemeinsam an kreativen Lösungen für eine inklusivere und effektivere soziale Infrastruktur. Unter der Leitung von BFH-Forscherinnen Emanuela Chiapparini und Loretta Walther lernten die Teilnehmenden, ihre Perspektiven zu verbinden und nachhaltige Projektskizzen zu entwickeln.

Mit diesen Erkenntnissen und der Energie der Teilnehmenden hat der Kanton Glarus ein Vorbild geschaffen – für eine Zukunft, in der alle gemeinsam mehr wissen und bewegen können.

Emmanuela Chiapparini
Emmanuela Chiapparini BFH-Dozentin

Drei innovative Ansätze wurden entwickelt:

  1. Sozialleistungen aus einer Hand: Ein visionärer Plan für die Bündelung von Unterstützungsleistungen.
  2. Ein Lernraum für Kinder und Jugendliche: Ein Angebot, das Bildungsungerechtigkeit bekämpft und Chancengleichheit fördert.
  3. Orientierungs- und Triagestelle: Eine niederschwellige Anlaufstelle zur Erstberatung und Orientierung im «Fachstellendschungel».

Die Ergebnisse wurden beim Nahtstellenforum Glarus im Dezember 2024 vorgestellt und fanden breite Resonanz. Zwei der Projekte werden nun weiterverfolgt – ein Beweis für die Stärke der gemeinschaftlichen Entwicklung.

Projekt «Vision: Sozialversicherungen aus einer Hand»

Visionäre Ansätze für die Zukunft der Sozialversicherungen

Das Projekt «Vision: Sozialversicherungen aus einer Hand» zeigt, wie Sozialversicherungen einfacher, transparenter und effizienter gestaltet werden könnten. Ziel ist es, eine digitale Lösung zu schaffen, die den Zugang zu Leistungen erleichtert und Prozesse optimiert.

Die Kernidee

Mit einer zentralen Softwarelösung sollen Nutzende über ihre AHV-Nummer eine übersichtliche Plattform erhalten. Diese zeigt auf einen Blick, welche Sozialleistungen aktuell bezogen werden und welche Ansprüche möglicherweise bestehen.

Die Vorteile im Überblick

  • Transparenz und Effizienz: Die Zusammenarbeit zwischen RAV, Sozialhilfe, IV und weiteren Stellen wird optimiert, was unnötige Anfragen und Bearbeitungszeiten reduziert.
  • Datenschutz und Sicherheit: Verbindliche Regeln gewährleisten den Schutz sensibler Daten und verhindern Missbrauch.
  • Zukunftsweisende Umsetzung: Das Projekt setzt ein klares Signal für soziale Gerechtigkeit und Effizienz, benötigt jedoch den politischen Willen auf nationaler Ebene.

Dieses Projekt bietet die Chance, Sozialversicherungen nicht nur nutzerfreundlicher zu machen, sondern auch Verwaltungsprozesse nachhaltig zu entlasten. Mit einer klaren, digitalen und barrierefreien Lösung wird ein wichtiger Beitrag zu mehr sozialer Gerechtigkeit und Transparenz geleistet.

Drei Teilnehmer*innen am Fachkurs in Glarus
Gemeinsam gestalten, mit Innovationen empowern.

Projekt «Lernraum für armutsbetroffene Kinder und Jugendliche»

Chancen schaffen – Der Lernraum für armutsbetroffene Kinder und Jugendliche

Im Kanton Glarus bietet das Projekt «Lernraum für armutsbetroffene Kinder und Jugendliche» eine Lösung, um soziale Ungleichheit abzubauen und Bildung für alle zugänglich zu machen. Ziel des Projekts ist es, Kindern und Jugendlichen aus finanziell benachteiligten Familien die Unterstützung zu geben, die sie brauchen, um ihre schulischen Herausforderungen zu meistern und Zukunftsperspektiven zu entwickeln.

Schulische Förderung vor Ort

Der Lernraum ermöglicht kostenlose schulische Unterstützung direkt im Umfeld der Kinder und Jugendlichen. Diese gezielte Förderung trägt dazu bei, Bildungsungleichheiten zu verringern und den Kreislauf der Armut zu durchbrechen.

Erfolgreiche Umsetzung durch starke Partnerschaften

Das Projekt stützt sich auf die Zusammenarbeit mit Schlüsselakteuren wie den kantonalen Sozialdiensten, der Bildungsdirektion, Pro Juventute, dem Roten Kreuz und weiteren Organisationen. Gemeinsam wird eine vernetzte und nachhaltige Lösung entwickelt.

Innovatives Finanzierungskonzept

Um die Lehrkräfte im Lernraum zu finanzieren, setzt das Projekt auf ein bewährtes Modell: Studierende, pensionierte Lehrpersonen und ältere Schüler*innen werden als Lehrkräfte eingebunden. Der Verein «Beraber» dient hier als Inspiration für eine effiziente und praxisnahe Umsetzung.

Fair und zielgerichtet mit KulturLegi

Um sicherzustellen, dass das Angebot die richtigen Zielgruppen erreicht, wird die KulturLegi zur Validierung der Teilnahme genutzt. Dies gewährleistet Fairness und schützt vor Missbrauch.

Bildung als Schlüssel für eine bessere Zukunft

Bildung eröffnet Chancen und trägt entscheidend zur Chancengleichheit bei. Der Lernraum setzt ein klares Zeichen, wie Hindernisse überwunden und die Weichen für eine gerechtere Zukunft gestellt werden können.

Die Teilnehmenden erlebten einen Perspektivenwechsel, der weit über den Fachkurs hinausgeht. Erfahrungsexpert*innen konnten ihre Kompetenzen zeigen, die häufig zu wenig wahrgenommen werden. Die Fachpersonen erhielten tieferes Verständnis für die Lebensrealitäten der Betroffenen. Diese Synergien schufen nicht nur neue Ideen, sondern auch eine Basis für mehr Empathie und Effizienz in der Praxis.

Das Projekt sensibilisierte in einem Forum im Dezember ein grösseres Publikum für die oft unsichtbaren Herausforderungen von Armut und zeigte, dass die Einbindung der Betroffenen entscheidend für echte Veränderung ist. Mit diesen Erkenntnissen und der Energie der Teilnehmenden schuf der Kanton Glarus ein Vorbild für eine Zukunft, in der alle gemeinsam mehr wissen und bewegen können.

Projekt «Kompass»

«Kompass» – Orientierung im Fachstellendschungel

Der Zugang zu Unterstützung und Hilfsangeboten ist für viele Menschen oft schwierig. Komplizierte Prozesse, mangelnde Informationen oder persönliche Hemmschwellen stehen ihnen im Weg. Das Projekt «Kompass» im Kanton Glarus bietet hier eine Lösung, um Orientierung zu schaffen und Barrieren abzubauen.

Niederschwellige Hilfe auf Augenhöhe

«Kompass» verbindet die Expertise von Peerarbeitenden und Fachpersonen, die gemeinsam eine erste Orientierung bieten. Diese Zusammenarbeit ermöglicht eine empathische und bedarfsgerechte Unterstützung, die den Zugang zu den richtigen Stellen erleichtert.

Zentrale Anlaufstellen für alle

Die geplanten Anlaufstellen werden an halböffentlichen Orten wie der Markthalle oder der Landesbibliothek eingerichtet. Diese Standorte schaffen nicht nur eine einladende Atmosphäre, sondern sind auch strategisch günstig gelegen – nahe an bestehenden Einrichtungen wie der Lernstube oder dem Berufsinformationszentrum (BIZ).

Effizientere Prozesse durch Triage

Das Projekt entlastet Ämter und Fachstellen, indem Erstkontakte und Triageleistungen von der neuen Stelle übernommen werden. Dies sorgt für eine schnellere und effizientere Bearbeitung der Anliegen und eine bessere Ressourcennutzung in den sozialen Diensten.

Ein Schritt in die richtige Richtung

Unter der Leitung der Hauptabteilung Soziales des Kantons Glarus und in Zusammenarbeit mit weiteren Partnern wird die Umsetzung des Projekts für 2025 angestrebt. Ziel ist es, eine Anlaufstelle zu schaffen, die Orientierung bietet, Türen öffnet und Menschen hilft, den richtigen Weg zu finden.

Notizen aus dem Fachkurs
Am Fachkurs kam ein buntes Sammelsurium von innovativen Ideen zusammen.

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