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Menopause geht nicht nur Frauen an

24.01.2025 Unsere Gesellschaft altert. In der demografischen Diskussion ist ein Aspekt bisher weit gehend unberücksichtigt geblieben: die Menopause. Forschende der BFH wollen das Thema gleich in zwei Studien aufnehmen.

Das Wichtigste in Kürze

  • In einer alternden Gesellschaft steigt auch der Anteil von Frauen, die in der Menopause sind.
  • Die Menopause beeinträchtigt das körperliche, emotionale und soziale Wohlbefinden von Frauen.
  • Zwei BFH-Forschungsprojekte drehen sich um Arbeit sowie Ernährung und Bewegung während der Menopause.

Die Gesellschaft in der Schweiz wird immer älter. Damit einher geht seit Jahren ein Anstieg der über 50-jährigen Arbeitnehmenden. Wesentlichen Beitrag an der Entwicklung haben die Frauen. Ihre Erwerbsquote liegt mit mehr als 75 Prozent deutlich über dem Durchschnitt der Länder in der Eurozone. Dieser Trend wird nicht zuletzt durch den zunehmenden Fachkräftemangel in der Wirtschaft angetrieben.

Hinter den demografischen Fakten und Karrieremustern verborgen liegt ein Thema, das bis vor kurzem kaum im Schaufenster der öffentlichen Wahrnehmung stand: die Menopause.

Wichtige Lebensphase betroffen

Die allmählich alternde Erwerbsbevölkerung bedeutet, dass mehr Frauen denn je während der Menopause arbeitstätig sind. Die Phase kann mehrere Jahre andauern und das körperliche, emotionale sowie soziale Wohlbefinden von Frauen und somit auch ihre Lebensqualität beeinträchtigen. Bis anhin ist das Thema in der hiesigen Forschung Brachland gewesen.

Was ist die Menopause?

Die Menopause bezeichnet den Zeitpunkt, an dem eine Frau ihre letzte Menstruation hat. Das durch hormonelle Veränderungen ausgelöste Ende der körperlichen Fruchtbarkeit lässt sich in drei Phasen unterteilen:

  • Die Perimenopause ist gekennzeichnet durch unregelmässig auftretende Menstruationen.
  • Die Menopause bezeichnet den Zeitraum der letzten Regelblutung.
  • Ein Jahr nach der Menopause erfolgt der Übergang in die Postmenopause.

Der gesamte Zeitabschnitt wird im allgemeinen Sprachgebrauch auch Wechseljahre genannt. Sie können von verschiedenen Symptomen begleitet sein. Zu den häufigsten gehören Hitzewallungen, Haarausfall, Hauttrockenheit, Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, Müdigkeit, Kopfschmerzen, depressive Verstimmungen. Hinzu kommt ein erhöhtes Risiko für Herzkrankheiten, Osteoporose und Diabetes.

Je rund ein Drittel der Frauen hat während der Menopause mit keinen respektive leichten, mittleren oder schweren Symptomen zu kämpfen.

Welche Auswirkungen haben die einschneidenden körperlichen Veränderungen auf die Arbeitssituation der Frauen und ihre Karrierechancen? Ein Forschungsteam der BFH und der Universität Lausanne unter der gemeinsamen Leitung von Isabelle Zinn und Nicky Le Feuvre will mit einer breit angelegten und vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierten Studie erstmals Antworten auf diese Fragen geben.

«Die Menopause fällt in eine wichtige Lebensphase von Frauen», hält Isabelle Zinn fest. «Viele von ihnen sind befreit von der Kinderbetreuung, und genau dann machen sich die Symptome der Menopause bemerkbar.»

Keine «Wohlfühlpolitik» für Frauen

Neben den gesundheitlichen Folgen bekommen Frauen laut der Forscherin in der Arbeitswelt oft Benachteiligungen zu spüren. «Die Menopause ist ein Merkmal für das geschlechtsspezifische Altern», betont Isabelle Zinn. «Sie macht Frauen anfällig für Diskriminierung, beispielsweise wenn es um Karrierechancen geht.»

Die Forscherin verweist auf Studien aus Grossbritannien. In diesen berichteten fast die Hälfte der Frauen von negativen Auswirkungen auf ihre berufliche Situation und jede zehnte gab an, sich deswegen aus dem Arbeitsleben verabschiedet zu haben.

Wir können einen Beitrag leisten, um das Tabu aufzubrechen.

Isabelle Zinn
Isabelle Zinn Dozentin Tenure Track

Für Isabelle Zinn hat die Menopause denn auch eine Dimension, die weit über die persönliche Gesundheitssituation hinausreicht: «Es geht nicht um eine Wohlfühlpolitik für Frauen im reiferen Alter, sondern um gesellschaftliche Fragen und wirtschaftliche Auswirkungen – zum einen für die betroffenen Frauen selbst, zum anderen für die Unternehmen, in denen sie arbeiten.»

Die Forscherin hat festgestellt, dass der Umgang mit der Menopause wegen des sich akzentuierenden Fachkräftemangels auf der Agenda in mehr und mehr Unternehmen auftaucht. Denn Fehlzeiten wegen Menopausebeschwerden können für Arbeitgebende ins Geld gehen.

Grafik, die die Zahl der Frauen in der Schweiz zwischen 40 und 64 Jahren abbildet.
Die Zahl der Frauen zwischen 40 und 64 Jahren nimmt in der Schweiz seit Jahren zu.

Gesundheitseinrichtungen als Forschungsfeld

Mit dem Forschungsprojekt wollen Isabelle Zinn und ihre Kolleg*innen dafür sorgen, dass das Scheinwerferlicht aus mehreren Perspektiven auf die Menopause gerichtet wird. Als Forschungsfelder haben sie verschiedene Gesundheitsinstitutionen in drei Kantonen gewinnen können. Die Wahl ist auf diese gefallen, weil sie einen hohen Anteil an Frauen in rund 150 verschiedenen Berufen beschäftigen, wie Isabelle Zinn hervorhebt.

Mittels Online-Umfragen, biographischen Interviews sowie Gesprächen mit HR-Fachleuten, Vorgesetzten und Personalvertreter*innen planen sie, in den nächsten drei Jahren möglichst umspannende Erfahrungen und Eindrücke zusammenzutragen. Ergänzt werden sollen diese durch Erkenntnisse aus Beobachtungen während Behandlungen von Frauen mit Menopausebeschwerden, an denen das Forschungsteam beteiligt sein wird.

Zweite Studie: Gesund durch die Menopause

Wie beeinflusst die Menopause das Ernährungs- und Bewegungsverhalten von Frauen und welche Form der Unterstützung ist angezeigt? Diesen Fragen ist ein Forschungsprojekt der BFH gewidmet, das sich in der Vorbereitungsphase befindet.

«Mit der Menopause nehmen die Risiken für verschiedene Krankheiten zu», sagt Karin Haas, Projektleiterin und Co-Leiterin des Instituts Alter an der BFH. «Wir wollen untersuchen, welche Ernährungs- und Bewegungsformen den Frauen helfen, die Gesundheit zu erhalten und das Wohlbefinden steigern.»

Denn längst nicht alles, was Frauen täten, um zum Beispiel einer unerwünschten Gewichtszunahme während der Menopause entgegenzuwirken, habe auch einen positiven Effekt auf die Gesundheit, unterstreicht Karin Haas. Sie illustriert die Feststellung mit einem Beispiel: «Wenn eine Frau in der Menopause aus Angst vor einer Gewichtszunahme oder Veränderung der Körperform sich rigiden Diäten unterzieht, kann dies unter Umständen längerfristig ihre Gesundheit beeinträchtigen.»

Im Fokus der Studie sollen die Bedürfnisse der Frauen stehen, ihre Wünsche nach Hinweisen für den Umgang mit der Menopause. Das Forschungsteam will diese in unterschiedlichen Bevölkerungsschichten aufnehmen. Denn die Lebenslage, Bildung oder Herkunft könne bewirken, dass die Frauen unterschiedliche Anliegen und Prioritäten hätten, meint Karin Haas. In ersten Gesprächen hat sie ein grosses Interesse am Thema festgestellt. «Viele Frauen fühlen sich mit den Auswirkungen der Menopause noch immer allein gelassen.»

Für Thema sensibilisieren

Welche Ziele haben sich die Forschenden auf die Fahne geschrieben? Isabelle Zinn erwähnt als erstes, die Gesellschaft für das Thema zu sensibilisieren. «Allein dadurch, dass wir die Studie durchführen, können wir einen Beitrag leisten, um das Tabu aufzubrechen.» Zweitens will das Forschungsteam eine Auslegeordnung von Symptomen der Menopause vorlegen und untersuchen, welche konkreten Folgen sie für Frauen im Schweizer Arbeitsmarkt haben.

Die Menopause betrifft in erster Linie Frauen, hat jedoch Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Karin Haas
Karin Haas Co-Leiterin Institut Alter

Daraus sollen drittens Empfehlungen für Massnahmen abgeleitet werden, mit denen Unternehmen das Wohlbefinden von Frauen während der Menopause erhöhen und dafür sorgen können, dass ihnen die zahlenmässig gewichtige Gruppe von Fachkräften nicht abspringt.

An einfach umzusetzenden Massnahmen mangelt es gemäss Isabelle Zinn nicht. Als naheliegende erwähnt sie, die Arbeitsumgebung zu verbessern, etwa durch besser auf die Bedürfnisse der Frauen abgestimmte Temperaturregelungen in den Räumen. Weitere mögliche Schritte sind klare Antidiskriminierungsrichtlinien und mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten.

Auswirkungen auf alle

Die Forscherin ist überzeugt, dass die Menopause weit mehr als nur die tangierten Frauen angeht. «Die Menopause betrifft in erster Linie die Frauen selbst, hat jedoch Auswirkungen auf das gesamte Umfeld und die Gesellschaft: Männer, Arbeitskolleg*innen, Kinder, Familien.» Auch deshalb lohne sich eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema, unterstreicht Isabelle Zinn.

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